Ein Lieblingsgericht hat Harald Wohlfahrt nicht. Aber eine klare Koch-Philosophie. Und ein gutes Händchen für Koch-Talente.

Die Staffelübergabe von Philipp Stein an Daniele Tortomasi im Gourmetrestaurant Favorite war der Anlass für den sternedekorierten Koch, Mainz zu besuchen. Harald Wohlfahrt ist, laut eigenem Bekunden seit Jahren bestens bekannt mit der Hoteliers-Familie Barth, und hatte seinen ehemaligen Schützling aus der Schwarzwaldstube in der Traube Tonbach als den geeigneten Nachfolger für Philipp Stein empfohlen.

Daniele Tortomasi, 24 Jahre jung, ist gewillt in die Fußstapfen seines ehemaligen Mentors zu treten: Harald Wohlfahrt wurde für seine Koch-Philosophie und seine Koch-Leistung 25 Mal, von 1993 bis 2017, mit drei Michelin-Sternen gewürdigt.

DER MAINZER traf den Sternekoch in der Favorite zum Gespräch, um zu erkunden, wie eine solche Leistung gelingen kann.

harald wohlfahrt

Harald Wohlfahrt vergleicht seine Kochkunst mit der Musikkunst: Hier wie dort müsse aus dem Vorhandenen das Beste immer wieder neu komponiert werden. Wobei »das Vorhandene« in der Kochkunst von Wohlfahrt in erster Linie, Produkte aus der Natur sind. Im Frühjahr lasse z.B. ein blühender Mandelbaum an Mandelaroma denken – und die Gedanken kreisten um dessen möglichen Einsatz. In diesem Geschmacks-Denken müssten gewohnte Zusammenstellungen überprüft und hinterfragt werden, um Neues kreieren zu können. Diese »Koch-Philosophie« beruhe auf der Schulung des Geistes, Unbekanntes auszuprobieren und Bekanntes nicht instinktiv abzulehnen. Letzteres verdeutlicht Wohlfahrt am Beispiel von Aromen, wie Kümmel. Menschen, die Kümmel nicht mögen, werden eine Speise, in der dieses Gewürz verwendet wird, nicht probieren wollen.

Bedauerlich, nennt das Wohlfahrt, denn sie blockieren sich selbst, lassen sich eine, womöglich neue, Genusserfahrung entgehen. Zu dieser Philosophie passt Wohlfahrts Feststellung, er kenne kein Lieblingsgericht, er genieße alles.

Wiederum vergleichbar der Musikkunst interpretiert Wohlfahrt die Teamleistung eines »Küchen-Orchesters«: Der Dirigent als Küchenchef, der Routineaufgaben abgibt, aber Teamchef bleibt und seine Interpretation der Speisen mit seinem Team solange übt, bis es zu einem rundum harmonischen Geschmackserlebnis führt.

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