Erst der Lockdown, dann Rabatt-Aktionen der großen Ketten, die zurückgehende Anzahl von Kauffreudigen – und ein Advent, in dem vor lauter Buden keine Schaufenster mehr zu sehen sind?

Im Lockdown mussten der Einzelhandel seine Läden schließen und anschließend die Zahl der Kunden in den Läden begrenzen. Rabatte waren angesagt: Die großen Textil-Ketten gingen relativ rasch dazu über, die Frühjahrs- und Sommerkollektionen mit hohen Rabatten auf den Markt zu werfen. Viele regionale Händler mussten mit den Rabatten nachziehen. Aktuell steigt wieder die Angst vor einer zweiten Pandemie-Welle und verunsichert Kunden und Händler.

Aus dieser Gemengelage hat die Nachricht, dass man den Weihnachtsmarkt entzerren will, bei den Altstadt-Einzelhändlern nicht nur Begeisterung ausgelöst. Aus zwei Gründen:

  1. Die Erfahrung zeigt, dass die Geschäfte in der Altstadt abgeschnitten sind, wenn der Leichhof mit Buden vollgestellt wird. Die Buden stehen wie eine Mauer, an der die Besucher abprallen und die restliche Altstadt lahmlegen.
  2. Die Leichhof- Einzelhändler sind jedes Mal erschüttert, dass die Buden ihre Schaufenster zustellen und etwaige Kunden somit vom Kauf abhalten. Die Bitte an die Planer: Bei Festen und Aktivitäten mit den Altstadt-Einzelhändlern Kontakt aufzunehmen, um gemeinsam und konstruktiv eine gute Lösung zu finden.

Der Einzelhandel im Gespräch mit Manuela Matz

Anfang Oktober kam es zu einem Gespräch mit der Wirtschaftsdezernentin, Manuela Matz. Das Gespräch fand in einer angenehmen Atmosphäre statt. Die anwesenden Einzelhändler waren zufrieden, dass man sie zum ersten Mal anhörte und ihre Anregungen positiv aufgenommen hat.
Es wurde ein Termin abgesprochen, Mitte Januar, um eine Nachbesprechung über den Weihnachtsmarkt durchzuführen. Wobei das Damoklesschwert der totalen Absage nach wie vor über dem Weihnachtsmarkt schwebt. Dieses Treffen war für den Einzelhandel überaus wertvoll. Daraus sollte sich ein regel­mäßiger Dialog entwickeln. Zu Recht haben sie auf sich aufmerksam gemacht. Denn die Einzelhändler sind an 365 Tagen im Jahr vor Ort, kümmern sich um ihr Umfeld, starten Initiativen und halten die Stadt am Leben. Alleine die Information der Stadt, was vor ihren Läden geplant ist, sollte zum normalen Zustand werden.

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Kommentar
In den letzten Jahren hat der Einzelhandel eine ernsthafte Konkurrenz durch die vielen Online-Händler ertragen müs­sen. Gegen weltweit agierende Internetunternehmen kann man in Mainz wenig tun. Leider kommen aus der Stadtverwaltung viele Aktionen, deren Ziel offensichtlich die Einzelhändler sind. Und dagegen muss man etwas tun. Man kann nichts dagegen haben, wenn die Forderung nach einer autofreien Innenstadt gestellt wird. Aber man sollte nicht den dritten Schritt vor dem ersten machen. Wenn man zuerst die Parkplätze abschafft, ohne eine Alternative anzubieten, ist das fatal.

Große Parkplätze müssten an den Einfall­straßen eingerichtet werden. Der zweite Schritt wäre ein ÖPNV, der alle fünf Minuten die Autofahrer von den Parkplätzen abholt und in die Innenstadt fährt. Andersherum macht das keinen Sinn, denn die dringend benötigten aus­wärtigen Kunden lassen nicht alles mit sich machen (Fachleute reden vom Zentra­litätsfaktor= die Anzahl der Menschen, die von außerhalb nach Mainz kommen. Diese Zahl ist in den letzten Jahren in Mainz besorgniserregend ge­fallen).

Wegen der vielen Störfaktoren haben in den letzten Jahren viele Kunden Mainz den Rücken gekehrt. Und diese Kunden wieder für Mainz zu begeistern ist schwer bis unmöglich. Denn Kunden verhalten sich wie Wasser: die gehen den einfachsten Weg. Die Kombination aus Staus, Straßen-Reparaturarbeiten, hohen Parkgebühren in den Parkhäusern, Umwandlung von Parkplätzen in Radwege, liest sich wie ein Programm gegen die Einzelhändler. Auch wenn das nicht so gemeint war, kommt es leider bei den auswärtigen Besuchern so an.

Ein weiteres Problem ist der manchmal harsche Ton der Rathausmitarbeiter: Eigentlich ist die Stadtverwaltung, (neben den hoheitlichen Aufgaben) ein Serviceunternehmen, das für die Bürger da sein sollte. Sehr oft werden Projekte verhindert statt zu unterstützen und zu helfen. Es wird Zeit, dass die Verwaltung den Servicegedanken versteht und verinnerlicht. | WHO