Soll ich, muss ich, darf ich? Diese Fragen müssen Radelnde beantworten, wenn sie in Mainz unterwegs sind. Denn ein Piktogramm macht noch keinen Mainzer Radweg – oder doch?

Es gab einmal Mainzer Radwege, die mittels der Verkehrszeichen 237 und 240 Benutzungspflichtig waren. Dann kam die Zeit, in der immer mehr dieser Radwege in so erbärmlichen Zustand waren, dass ihre Benutzung die Sicherheit der Radelnden gefährdete. Gleichzeitig fand die Idee, Radelnde sollten «im normalen Straßenverkehr mitschwimmen« insbesondere unter den Anhänger:innen der Mobilitätswende immer mehr Befürworter:innen. Die Radwege in Mainz wurden also einer Überprüfung unterzogen und für eine ganze Reihe davon die Benutzungspflicht aufgehoben, heißt die entsprechenden Verkehrszeichen entfernt.

Mainzer Radweg oder Mainzer Gehweg?

Geblieben sind häufig die aufgemalten Piktogramme und auch Spuren von roter Farbe sind teilweise noch zu erkennen  – wie auf dem Foto der ehemals benutzungspflichtige Radweg in der Großen Bleiche. Seither stellt sich den Radelnden, die bereit sind die Straßenverkehrsregeln zu beachten, die Frage: Darf ein mit Piktogrammen oder roter Farbe versehener Weg von Radelnden benutzt werden oder ist er ausschließlich den Fußgänger:innen vorbehalten?
Die Mainzer Pressestelle äußert sich dazu wie folgt:
Mit Entfernen des Radweg-Schildes ist die BenutzungsPFLICHT aufgehoben, die Betonung liegt hierbei auf der PFLICHT. Seit der 1997 vollzogenen StVO-Novelle sind Fahrräder als Fahrzeuge den Kfz gleichgestellt, weshalb Räder seitdem auch die Fahrbahn benutzen dürfen. Hierfür gibt es verschiedene Kriterien, die für diese Einschätzung herangezogen werden: Unter anderem die Anzahl von Fahrzeugen, der Schwerverkehrsanteil und die Unfallhäufungsstellen. Sind diese Merkmale unauffällig, muss die Benutzungspflicht aufgehoben werden und Radfahrende haben die Wahl, den sogenannten «anderen« oder «sonstigen« Radweg zu nutzen oder die Fahrbahn. Ein Verkehrszeichen, mit dem nichtbenutzungspflichtige Radwege gekennzeichnet werden, gibt es nicht.

Mainzer Radweg: Muss, kann, darf

Die Stadt Mainz hat 2014 eine Analyse der straßenbegleitenden Radwege mit Blick auf die Radwegebenutzungspflicht durchgeführt. Seither ist für eine Vielzahl der Radwege die Benutzungspflicht aufgehoben worden. Für diese «sonstigen/anderen Radwege« gilt damit nicht mehr die PFLICHT, diese als Radfahrer:in nutzen zu müssen – aber, wer möchte KANN diese nach wie vor mit dem Rad befahren. Ausnahme: Ist der Weg als Gehweg + Zusatzzeichen «Rad frei« beschildert, haben Fußgänger:innen Vorrang und Radfahrende müssen sich im Schritttempo unterordnen, ggf. absteigen. Andernfalls gilt bei sonstigen Radwegen wie auch bei benutzungspflichtigen Radwegen, dass diese nicht von Fußgänger:innen oder parkenden Kfz genutzt werden dürfen und dem Radfahren vorbehalten sind.

SoS

Kommentar: Wer blickt da noch durch?

Wer sich in der Stadt auskennt und sich erinnert, dass z.B. in der Großen Bleiche, der Weißliliengasse oder der Hindenburgstraße früher einmal benutzungspflichtige Radwege existierten, wird nun wissen, dass die ehemaligen Radwege weiterhin befahren werden DÜRFEN. Alle anderen radeln weiter so wie es ihnen gefällt – oder glaubt irgendwer, dass Radfahrer:innen auf den Wegen erst nach Piktogrammen suchen oder nach roter Farbe, um zu erkennen, dass sie auf diesem Weg fahren DÜRFEN? Solche Regelungen gehen völlig an der Realität im Straßenverkehr vorbei. Tatsache ist doch, dass immer mehr Verkehrsteilnehmer:innen keine Schilder (oder rote Ampeln) beachten. Dann auch noch Regelungen zu erfinden, für die es noch nicht einmal Verkehrszeichen gibt, ist absurd. Auf der Strecke bleiben mit solchem Unsinn die schwächsten Teilnehmer:innen im Straßenverkehr: Alle, die zu Fuß unterwegs und darauf angewiesen sind, dass die Anderen § 1 der StVO befolgen und Rücksicht nehmen.

SoS
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