In Mainz sind neue Straßenbahnverbindungen geplant. Der erste Baustein des Straßenbahnausbaus, die Verbindung zwischen Münsterplatz und Hauptbahnhof West (Alicebrücke), könnte 2025 fertig sein.

Es sind nur 250 Meter, die es allerdings in sich haben. Die Binger Straße, das Verbindungsstück zwischen Münsterplatz und Hauptbahnhof West (siehe Foto) ist verkehrlich hoch belastet. Sie ist eines der Einfallstore in die Mainzer Innenstadt. LKWs, PKWs, Busse, Radelnde und Zufußgehende bewegen sich hier, Anwohner/-innen und Geschäftsinhaber/-innen fahren über den Rad- und Gehweg hinweg zu den Parkanlagen der Häuser. Und genau hier soll auch noch ein schienengebundenes Verkehrsmittel fahren, Fahrgäste ein- und aussteigen?
Zurzeit ist das kaum vorstellbar. Aber die Straßenbahnhaltestellen am Mainzer Hauptbahnhof haben ihre Kapazitätsgrenzen erreicht. Sollen mehr Straßenbahnen fahren, braucht es eine Umgehung für den Bahnhofsvorplatz. Der „Bypass“ durch die Binger Straße scheint die einzige Möglichkeit zu sein und war bereits in den Planungen für den Bau der Citybahn enthalten. Die schienengebundene Verbindung zwischen Mainz und Wiesbaden ist Geschichte, der politische Wunsch in Mainz, die Straßenbahn auszubauen, aber ungebrochen.
Nachdem die Stadtratsmehrheit  am 3. Juni 2020 grundsätzlich dem Ausbau des Mainzer Straßenbahnnetzes zugestimmt hatte, beschloss der Aufsichtsrat der Mainzer Stadtwerke AG (MSW) Anfang Dezember 2020 eine vorläufige Prioritätenliste für den weiteren Ausbau des Mainzer Straßenbahnnetzes.

Straßenbahnsteig mitten in der Binger Straße?

Zuerst soll der „Bypass“ zwischen Münsterplatz und Alicebrücke in Angriff genommen werden. Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender der MSW, Michael Ebling: „Lieber hätten wir das im Gesamtkonzept Citybahn gemacht, aber die Wiesbadener Entscheidung gegen die Citybahn bremst uns nicht aus.“ Daniel Gahr, Vorstand der MSW ergänzt, diese Verbindung sei bereits in den Planungen für die Citybahn geprüft worden. 2016 waren die Baukosten für den Abschnitt auf 35 Mio. € veranschlagt worden. Aufgrund der stetig steigenden Baukosten sei mit höheren Kosten zu rechnen. Eine seriöse Kostenschätzung könne aber erst nach Abschluss der Planungen in Verbindung mit der Auftragsvergabe genannt werden. Der Mainzer OB hält die Einweihung der neuen Straßenbahnstrecke Mitte 2025 für möglich.
Einer der Knackpunkte für die Verbindungsspange vom Hauptbahnhof West (Alicebrücke) zum Münsterplatz Streckenführung durch die Binger Straße ist die Haltestellen-Anordnung für die Straßenbahn. Ähnlich wie in der Breiten Straße in Gonsenheim müssten die Fahrgäste die Fahrbahn queren, um auf die Bürgersteige zu gelangen, alle anderen Fahrzeuge und Radfahrende müssten so lange anhalten.
Bereits im Mai 2020 hatte die Mainzer Mobilität GmbH, ein Tochterunternehmen der Mainzer Stadtwerke AG, in Abstimmung mit der Verkehrsverwaltung eine Leistungsfähigkeitsbetrachtung in Auftrag gegeben, um die Auswirkungen des Streckenabschnitts auf den Individualverkehr zu untersuchen. Untersucht werden sollten dabei unter anderem verschiedene Optionen für die Haltestellenanordnung. Zur Debatte steht neben einem Bahnsteig in Mittellage eine so genannte „dynamische Haltestelle“, auch unter dem Begriff „Zeitinsel“ bekannt. Erste Ergebnisse waren ursprünglich nach der Sommerpause erwartet worden, laut Stadtwerke-Vorstand Daniel Gahr, seien die Untersuchungen aber Anfang Dezember noch nicht abgeschlossen.

Mehr Geld vom Bund für den Ausbau der Straßenbahn

Die Fahrgastzahlen im ÖPNV sind aufgrund der Corona-Pandemie  drastisch gesunken. Dennoch halten die Mainzer Politik im Schulterschluss mit den Mainzer Stadtwerken am Ausbau des ÖPNV und dem Bau weiterer Straßenbahnverbindungen fest. „Die Straßenbahn ist stadtverträglich, emissionsfrei, CO2-neutral und hat eine deutlich höhere Kapazität als der Bus. Sie ist als großstädtisches Verkehrsmittel zudem für viele Fahrgäste deutlich attraktiver als Busse“, begründete OB Ebling diese Strategie. Außerdem hätten sich seit der Fertigstellung der Mainzelbahn (2016) die Förderbedingungen für solche Projekte deutlich verbessert. So sollen die Bundesmittel bis 2025 auf zwei Milliarden Euro jährlich versechsfacht werden und bei neuen Straßenbahnprojekten könnten künftig Planungskosten mit bis zu 10 Prozent der Baukosten in die Förderung einbezogen werden. Zudem seien die Fördersätze von 60 auf 75 Prozent erhöht worden. Daraus resultiere ein geringerer Eigenanteil der Mainzer Stadtwerke AG bei der Finanzierung neuer Strecken.
Gemäß der Prioritätenliste sollen zwei weitere Straßenbahn-Projekte ab 2021 in Machbarkeitsstudien geprüft werden. Zum einen der Innenstadtring vom Bismarckplatz zur Sömmeringstraße, übers Höfchen bis zum Schillerplatz, zum anderen die Anbindung an die Mainzer Oberstadt bis nach Weisenau und das Heiligkreuz-Wohnviertel.

/Marion Diehl (SoS)