Das dauert immer so lange. Warum nur? Die Arbeit in politischen Gremien ist für normale Bürger/-innen oft schwer nachzuvollziehen. Ein beliebter Vorwurf lautet: „Die brauchen ewig und dann kommt doch nichts dabei raus.“

Mit „die“ sind die Politiker/-innen gemeint, die alle fünf Jahre von allen stimmberechtigten Mainzer/-innen gewählt werden, um im Stadtrat und in den Ortbeiräten die Interessen der Mainzer/-innen zu vertreten. 60 Mitglieder hat der Mainzer Stadtrat, GRÜNE, SPD und FDP haben  seit 2019 die Mehrheit. Der direkt gewählte Oberbürgermeister kann bei vielen Entscheidungen mitstimmen. Von Bebauungsplänen, über den Kita-Bedarfsplan bis zur Förderung von kulturellen Veranstaltungen – die Palette an Themen, die der Stadtrat zu entscheiden hat, ist breit. Wie finden die Themen ihren Weg in den Stadtrat? Setzen die Fraktionen eigene Themen oder bestimmt die Verwaltung, worüber die Politiker/-innen entscheiden?

Informationsbeschaffung

Am Beispiel von zwei Anfragen, die von der CDU und von der SPD für die Juli-2020-Stadtratssitzung gestellt wurden, wollen wir den Weg nachzeichnen. In den wöchentlich stattfindenden Fraktionssitzungen diskutieren und entscheiden die Stadtratsmitglieder, welche Themen sie weiter verfolgen, z.B. in dem sie eine Anfrage an die Verwaltung richten. In diesem Verfahren übernehmen die fachpolitischen Sprecher/-innen die Federführung. Diese Anfragen dienen in erster Linie der Informationsbeschaffung, die Verwaltung ist angehalten die teils sehr detaillierten Fragen zeitnah zu beantworten. Nachzulesen ist dies übrigens auch für Bürger/-innen im Bürgerinformationsportal.

Es kommt vor, dass Themen, die inhaltlich zusammenpassen, von verschiedenen Fraktionen aufgegriffen werden. Für die Juli-Stadtratssitzung hatte die CDU der Verwaltung schriftlich Fragen zur Sicherheit der Zufußgehenden in Mainz gestellt. Die SPD fragte, wie es um die Kontrollen der Radler/-innen bestellt sei.
In der MAINZER-August-Ausgabe hatten wir das Thema bereits aufgegriffen und Ausschnitte der Antwort erörtert.

Am Thema dranbleiben?

Nach dem Ende der politischen Sommerpause fragten wir bei CDU und SPD nach. Was machen Sie mit den Antworten der Verwaltung? Legen Sie das Thema adacta, haken sie nach, formulieren sie Arbeitsaufträge an die Verwaltung? Kurzum: wie gehen sie weiter mit dem Thema Radelnde und Zufußgehende im politischen Prozess um.

Die CDU-Fraktion verwies zuerst auf eine Pressemitteilung, die direkt nach der Stadtratssitzung am 3. Juli 2020 veröffentlicht wurde und in der der Fraktionsvorsitzende Hannsgeorg Schönig die Antworten als nicht zufriedenstellend bezeichnete, „da sie nicht zu dem subjektiven Empfinden der Bevölkerung passen würden.“ Er sehe hier weiteren Handlungsbedarf. Die CDU wolle das Thema erneut zur Sprache bringen.

Für die SPD reagierte deren verkehrspolitische Sprecherin Corinne Herbst und verwies auf den steigenden Radverkehr, was, „zur Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer*innen auch mehr Kontrollen des fließenden Verkehrs in allen seinen Bereichen erfordere.“ Die Fraktion sei über die geringe Anzahl der Verwarnungen, wie sie aus der Antwort der Verkehrsdezernentin hervorgehe, überrascht gewesen, schreibt Corinne Herbst.

Die Ergebnisse sind erstaulich

„Eigene Erfahrungen und Hinweise aus der Bevölkerung deuten auf zahlreiche sogenannte ‚geringfügige Ordnungswidrigkeiten‘ von Seiten der Fahrradfahrenden hin” schreibt Herbst. “So sind beispielsweise in der, auch für den Fahrradverkehr gesperrten, Augustinerstraße und im Bereich der Bushaltestellen am Gutenbergplatz ständig Fahrradfahrer*innen zu sehen, die ihr Rad nicht schieben. Auch wurden gravierende Ampelverstöße sowohl mit Gefährdung der Radfahrenden selbst als auch der Fußgänger und Autofahrer mehrfach beobachtet und an die Stadtratsfraktion weitergeben. Aus der Antwort des Dezernates geht hervor, dass sowohl Polizei als auch städtische Ordnungsbehörden den Verkehr beobachten und Verstöße ahnden. Dabei läge es im Ermessen der überprüfenden Person, ob und welche Verwarnungen oder Bußgelder verhängt werden. Auch wird mittlerweile ein größeres Augenmerk auf eBikes und Pedelecs gelegt, das durch die Einrichtung einer Pedelec-Fahrradstreife unterstützt wird. Umso erstaunlicher waren die Ergebnisse der Überprüfung.“

Die Verkehrspolitische Sprecherin Corinne Herbst wurde von der SPD-Fraktion gebeten, mit der Verkehrsdezernentin Kontakt aufzunehmen, um diese Punkte zu besprechen.

Wie geht es weiter? Greift die CDU das Thema erneut auf, z.B. im Verkehrsausschuss? Kommt ein Gespräch zwischen Corinne Herbst und Katrin Eder zustande?
DER MAINZER bleibt dran an dem Thema.

SoS