Wasser läuft. Immer. Jedenfalls das Trinkwasser in unseren Regionen. Eine Selbstverständlichkeit! Wie lange noch?

Eigentlich ist es einfach, hierzulande Trinkwasser zu »produzieren«. Aus Brunnen wird Wasser mittels Pumpen nach oben befördert, gefiltert und von störenden Stoffen wie Eisen und Mangan befreit. Dann über Rohre ins Mainzer Netz transportiert, um dort in jedem angeschlossen Haushalt aus der Leitung zu fließen. Tag und Nacht. 365 Tage im Jahr. In immer gleichbleibender Qualität, die regelmäßig in unabhängigen Laboren überprüft wird. Trinkwasser ist ein Lebensmittel. Als solches wird es behandelt. »Wir sind gerade dabei die Transportleitung vom Wasserwerk Hof Schönau abschnittsweise zu erneuern. Die Teilstücke werden erst vom Gesundheitsamt freigegeben, nachdem das Wasser von unserem beauftragten Labor geprüft und für hygienisch einwandfrei befunden wurde. Solche Prüfungen sind ein Muss«, sagt Michael Worch. Dem Geschäftsführer der Mainzer Netze obliegt der technische Bereich der GmbH, die als Tochterunternehmen der Mainzer Stadtwerke AG auch für die Versorgung mit dem Lebensmittel Trinkwasser zuständig ist.

Der Kubikmeter, also 1.000 Liter Trinkwasser, kostet in Mainz 1,75 Euro. Hinzu kommt je nach Leistungsbedarf und Zählergröße der Grundpreis. Dieses Trinkwasser wird zum Kochen und Duschen, für die Toilettenspülung und die Gartenbewässerung verwendet. Es ist selbstverständlich immer vorhanden.

4.000 m³ Trinkwasser pro Stunde

Drei Wasserwerke, davon zwei auf hessischem Gebiet und eines mitten im Rhein, sorgen über ein Rohrleitungssystem, das insgesamt 850 km lang ist, dafür, dass im Durchschnitt 4.000 m³ Trinkwasser pro Stunde in die Haushalte von 350.000 Bürger/-innen fließen. Die Mainzer Netze versorgen neben der Stadt Mainz und ihren Stadtteilen (ausgenommen Laubenheim und Ebersheim, die von der WVR versorgt werden) die rechtsrheinischen Kommunen Bischofsheim, Ginsheim, Gustavsburg, Kostheim, Kastel und Amöneburg mit Wasser und speisen ihr Wasser u.a. in die Netze von Rüsselsheim ein.

Michael Worch und Dr. Tobias Brosze

Empfehlen einen bewussten Umgang mit dem Trinkwasser: Michael Worch und Dr. Tobias Brosze.

Ende April 2020 wurden die Mainzer/-innen aufgefordert einen Tag lang auf die Bewässerung ihrer Gärten zu verzichten. Der technische Grund war die Erneuerung der Zubringerleitung vom Wasserwerk Hof Schönau bei Rüsselsheim nach Mainz. Das Wasserwerk musste für die Einbindung des neuen Leitungsabschnitts einen Tag lang vom Netz genommen werden. »In einem normalen April liefern die beiden anderen Wasserwerke Eich und Petersaue genügend Wasser. In diesem April aber hatten wir Verbrauchswerte wie sonst im Juli, deshalb mussten wir darum bitten, einen Tag lang die Gärten nicht zu bewässern«, erläutert Worch.

»Wir investieren seit Jahren im Durchschnitt etwa 10 Mio. Euro pro Jahr in die Erneuerung und die Erweiterung der Trinkwasserversorgung«, stellt Dr. Tobias Brosze fest. Der Vorstand der Mainzer Stadtwerke AG ist in dem Unternehmen, das zu hundert Prozent der Stadt Mainz gehört, für den Bereich Technik zuständig.

Auswirkungen des Klimawandels

Das Wasserwerk Hofgut Schönau wurde 1929 fertiggestellt, das Wasserwerk Petersaue (siehe großes Foto) 1958 und das in Eich bei Worms ging 1981 ans Netz. Ausgerechnet das jüngste bedarf nun einer Ertüchtigung. »Nach 40 Jahren ist eine Rundumerneuerung nun mal nötig«, stellt Worch fest. Während die Rohre 100 Jahre und mehr halten, müssen Pumpen und Steuerungselemente häufiger ausgetauscht werden. Außerdem wird das Auf­bereitungsverfahren in Eich flexibilisiert, um die Tagesmengen auf bis zu 40.000 m³ erhöhen zu können.
Zur Spitzenzeit, morgens um 8 Uhr, liefert Hof Schönau 1.600 m³ Wasser pro Stunde. Die Wasserwerke Eich und Petersaue liefern zusätzlich etwa 2.000 m³ pro Stunde. Reicht das nicht, um die über den Tag verteilten Stundenverbräuche auszugleichen, aktiviert die Leitstelle die Reserven in den Hochbehältern.

»Wir haben hier eine gute Ausgangssituation, können auf drei Wasserwerke mit Grundwasser- und Uferfiltratbrunnen zurückgreifen und haben Reserven in sechs Hochbehältern. Während in anderen Regionen Deutschlands in heißen Sommern die Trinkwassernutzung eingeschränkt werden musste, konnten wir bislang auf solche Maßnahmen verzichten. Aber wir machen uns Gedanken über die Zukunft «, stellt Tobias Brosze fest. »Wir haben jetzt drei Sommer hinter uns, in denen es lange sehr heiß war und zu lange zu wenig Regen fiel, wir merken den Klimawandel«, so Michael Worch.

Hoher Tagesverbrauch

Damit aus einem Brunnen Wasser entnommen werden kann, muss das Wasser zuvor in den Grund eingedrungen sein. Je weniger Niederschlag, je weniger Grundwasser. Der Rhein wird u.a. von Gletschern gespeist – die speisen weniger nach, also sinkt der Wasserpegel im Rhein. Je heißer es ist, je mehr Wasser wird verbraucht. Je trockener die Jahreszeiten, je mehr Wasser verbrauchen Landwirtschaft und Gärtner/-innen. Angebot und Nachfrage klaffen immer häufiger auseinander. Seit 2016 steigen die maximalen Tagesverbräuche rapide an: »Im Schnitt brauchen wir täglich 45-50.000 m³ Trinkwasser. Das ist kein Problem. In den letzten drei Jahren verzeichneten wir aber Spitzenwerte von 70.000 bis über 80.000 m³ an einzelnen Tagen. Und letztes Jahr kamen wir an einem Tag auf 89.500 m³. Da waren wir dann schon am Limit, viel mehr können wir aktuell nicht produzieren«, sagt Brosze.

An ihre Grenzen stoßen auch die Kapazitätserweiterungen in den Wasserwerken. »Wir können nicht einfach neue Brunnen bauen. Die entsprechenden Genehmigungsverfahren sind aufwändig und wenn in der Region der Grundwasserpegel stetig sinkt, ist ein neuer Brunnen nicht die Lösung«, erläutert Worch. Diese Genehmigungsverfahren sorgen u.a. dafür, dass den Landwirten nicht das Wasser abgegraben wird, oder dass sich Häuser absenken. Sinn macht das allemal. Verhindert aber auch, dass eben mal so eine – vielleicht vorübergehende – Wasserknappheit durch den Bau neuer Brunnen ausgeglichen wird.

Urlaub zuhause: Wasserbedarf steigt

Tja und dann kam auch noch die Corona-Pandemie. Aus jahrelangen Beobachtungen wissen Brosze und Worch, dass von Juni bis zum Ende der Sommerferien der Trinkwasserverbraucht sinkt. Viele Mainzer/-innen sind dann andernorts in Urlaub. »Wie sich das dieses Jahr entwickelt, ist nicht absehbar. Viele haben sich auf Urlaub zuhause eingerichtet und wir kennen Presseberichte, dass die Swimmingpool-Hersteller ausverkauft sind – wenn es in den Sommerferien heiß wird und die aufblasbaren Planschbecken und Swimmingpools alle gefüllt werden, könnte es eng werden«, stellt Worch fest. Brosze ergänzt: »Wir haben in den vergangenen Jahren eine Menge in die Trinkwasserversorgung investiert und können die Versorgung mit unseren Wasserwerken und Hochbehältern deshalb in der Regel sehr gut stemmen. Aber an den extrem heißen Tagen, da geraten wir zunehmend an Kapazitätsgrenzen.«

Brosze und Worch wären froh, wenn die Menschen von sich aus den Wasserhahn überlegter aufdrehen würden. Es soll niemandem vorgeschrieben werden, ob und wann der Rasen bewässert und das Auto gewaschen werden kann. Damit das so bleibt, wäre vor allem an den extrem heißen Tagen ein sparsames Aufdrehen der Hähne angebracht.

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