Die Entscheidung, ob in Mainz ein Dieselfahrverbot verhängt wird, ist ausgesetzt. Klar ist aber, dass die Flusskreuzer, die am Mainzer Rheinufer festmachen, mangels Landstrom ihre Dieselabgase weiter in die Luft blasen.

Welchen Anteil die Dieselabgase der Flusskreuzer, die am Mainzer Rheinufer in normalen Zeiten anlegen, an der Überschreitung der NO2-Grenzwerte haben ist unbekannt.  Die Schadstoffkonzentration, die die Schiffe in die Luft blasen, während ihre Gäste Mainz erkunden, wird nicht gemessen. Dennoch wird seit 2017 im Maßnahmenkatalog der Stadt Mainz zur Vermeidung eines Dieselfahrverbots in der Innenstadt auch die Versorgung der Flusskreuzer mit Landstrom propagiert.

In der Juni-2020-Ausgabe des MAINZERs hatten wir den Stand der Dinge zur Landstromversorgung zusammengefasst. Dazu erreichte uns eine Reaktion von Anwohner/-innen der südlichen Taunusstraße, die direkt im Einzugsbereich der Flusskreuzer-Abgase leben. Dr. Hans-Peter Gieseler schreibt:

»Seit Jahren leiden wir zunehmend unter den ungefilterten Schiffsdiesel-Emissionen der Kabinenschiffe, insbesondere am sogenannten Steiger A1 am Kaisertor. Das Heck eines solchen bis zu 180 Meter langen Flusskreuzers ist knapp 100 Meter von den Wohnungen der Taunusstrasse Nr. 3 entfernt. Die Schiffe haben keine Katalysatoren, und ihr Schiffsdiesel ist viel umweltbelastender als die Autoabgase. Die Schiffsemissionen tragen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zu über der Norm liegenden Stickoxid-Werten an den Messstationen  Kaisertor und Stadtbibliothek bei.«

Jahrelanger Briefwechsel mit OB Ebling

Seit Jahren, so schreibt Gieseler weiter, führten die Anwohner zum Thema Landstrom mit  Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) einen Briefwechsel, und bekämen freundliche Antworten: Landstrom sei sinnvoll und wichtig . »Aber geschieht etwas? Nach unserer Kenntnis: Nein. Seit Jahren ist von schwierigen Vorplanungen die Rede und den schier unermesslichen Kosten, Landstrom am Mainzer Rheinufer zu installieren. Wie haben nur viele andere Städte an Donau und Rhein, von Rüdesheim bis Düsseldorf es längst geschafft, zum Beispiel in Köln über 20 Landstrom- Ladestationen (sogar auch für Frachtschiffe) einzurichten? Sie hatten den Willen, und sie fanden Wege, der gesetzlichen Auflage aus der Rheinschifffahrts-Verordnung nachzukommen.«

Kein Geld ohne präzise Vorplanung

Die Stadt Mainz erfülle die gesetzliche Verpflichtung nicht, mit dem Argument leerer Kassen, stellt Gieseler fest. Ohne präzise Vorplanung fehle aber seiner Einschätzung nach, die Voraussetzung, Fördermittel vom Land zu erhalten. »Andere Städte wie Köln haben in der Vergangenheit sogar Mittel vom Bund bekommen. Mainz hatte sich darum anscheinend nicht beworben. Wie kommt man auf eine Kostenschätzung von 3,6 Millionen Euro für 8 Steiger, wenn man keine Vorplanung hat? Und wie kann man Förderanträge mit Erfolgsaussichten beim Land stellen, ohne konkrete Projektkosten-Rechnungen? Andere Städte haben mit ein bis zwei Landstrom-Aggregaten begonnen. Das sollte auch für Mainz sinnvoll sein, zum Beispiel für die Steiger A1 bis 2, weil hier die Kreuzfahrtschiffe auch über Nacht liegen. Bei den privaten Steigern, zum Beispiel Primus-Linie an der Uferstraße, sind die Liegezeiten kurz, weil die Passagiere nur ein- oder aussteigen.«
Abschließend stellt Gieseler fest, in dem MAINZER-Artikel werde deutlich, wie in Mainz das Thema Landstrom auf die lange Bank geschoben werde. Die Stadt Passau habe längst Ladestationen in eleganter Edelstahloptik am Donauufer installiert. »In Mainz werden nach der Corona Pause die am Rhein lebenden Anwohner durch den teilweise bejubelten  Flusskreuzfahrt-Tourismus unter steigenden Emissionen weiter leiden.«