Wie reagiert die Mainzer Polizei auf die Tatsache, dass Bürger mit Migrationshintergrund keine Antwort geben auf Fragen nach ihrer »subjektiven Sicherheit«?

Die »Mainzer Sicherheitsumfrage«, deren Ergebnisse 2019 veröffentlicht wurden, zeichnet ein beruhigendes Bild. Die objektive Sicherheitslage, untermauert mit Daten der Polizeistatistiken, steht in einem guten Verhältnis zum subjektiven Sicherheitsempfinden. Die allermeisten Menschen, die in Mainz leben, haben keine Angst, Opfer einer Straftat zu werden. Allerdings hat die Mainzer Sicherheitsumfrage einen blinden Fleck. Es beteiligten sich nur sehr wenige Bürger mit Migrationshintergrund. Nur 8 von 1.730 Online-Bögen wurden nicht auf Deutsch aufgerufen; nur 23 Teilnehmende hatten keinen deutschen Pass und nur 49 Menschen mit nicht-deutscher Muttersprache nahmen teil.

Obwohl die Fragen in fünf verschiedenen Sprachen online wie analog formuliert und die Aufforderung, sich zu beteiligen auf allen Kanälen kommuniziert worden waren. Ende 2019 lebten in Mainz 34.565 Deutsche mit Migrationshintergrund.

Bemühungen auf allen Ebenen

Menschen mit Migrationshintergrund, sagte Prof. Gregor Daschmann (Universität Mainz, Institut für Publizistik), der die Befragung leitete, würden nur in sehr geringer Zahl an solchen Befragungen teilnehmen, eine bundesweit zu beobachtende Tatsache. Der Mainzer Polizeipräsidenten Reiner Hamm stellte anlässlich der Präsentation der Ergebnisse im November 2019 fest, der Polizei sei dieses Problem bekannt und sie bemühe sich dagegen anzugehen.

Um welche »Bemühungen« es sich handelt, wollte DER MAINZER wissen. Und erfuhr von Maßnahmen im Rahmen des »Interkulturellen Dialogs«, die seit etwa 15 Jahren durchgeführt werden. Er findet innerhalb der Mainzer Polizei auf mehreren Ebenen statt: Der Lenkungsausschuss auf Präsidiumsebene, in dem die Polizeidirektionen Mainz, Worms und Bad Kreuznach sowie des Sachbereichs »Zentrale Prävention« vertreten sind, koordiniert die Maßnahmen; in allen Mainzer Polizeidienststellen gibt es interkulturelle Ansprechpartner/-innen; Mitarbeitende des Sachbereichs »Zentrale Prävention« stellen in Integrationskursen der Volkshochschule Mainz die Arbeit der Polizei vor (aber nicht in Corona-Zeiten).

Als »interkulturelle Ansprechpartner/-in« sind bspw. in der Mainzer Polizeiinspektion 3 auf dem Lerchenberg eine Polizistin und ein Polizist, zusätzlich zu anderen Aufgaben, im Einsatz. Für diese Arbeit sei es nicht zwingend erforderlich, selbst einen Migrationshintergrund zu haben, stellt Kai Demele fest. Der Polizeihauptkommissar ist stellvertretender Leiter der PI 3. Lebenserfahrung, soziale Kompetenz und Kommunikationsfähigkeiten seien wichtige Voraussetzungen. Dass auch Polizistinnen diese Aufgabe wahrnehmen, verdeutliche die Tatsache, in Deutschland sind Frauen gleichgestellt.

Vertrauensbildende Maßnahme

Hauptaufgabe der beiden Kollegen/-innen sei es, Kontakt zu den religiösen und kulturellen Gemeinschaften im Zuständigkeitsbereich ihrer Polizeidienststelle zu halten. Im Zwei-Wochen-Rhythmus trafen sie sich mit den Verantwortlichen der Vereine; in Corona-Zeiten fänden die »Treffen« telefonisch statt. Demele charakterisiert diese Arbeit als eine vertrauensbildende Maßnahme: »Die Polizei präsentiert sich als Ansprechpartner, der unterstützt und berät – beim Diebstahl der Handtasche ebenso wie bei sensiblen Themen wie Gewalt in sozialen Beziehungen und rassistischen Beleidigungen.« In Deutschland handelt die Polizei nach gesetzlichen Grundlagen – die nicht verhandelbar sind – ein Sachverhalt, den es ebenso zu verdeutlichen gelte, wie die Tatsache, dass Konflikte und Streitigkeiten hier nicht untereinander sondern mithilfe von Polizei und Justiz zu lösen sind. In den Erläuterungen würden oft Unterschiede zum Agieren der Polizei in den Herkunftsländern deutlich. Deshalb seien Ängste und Vorbehalte abzubauen, gleichzeitig polizeiliches Handeln in Deutschland klarzumachen.

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Die Polizei und die Talsohle