Home Tasting: Computer und Internet ermöglichen uns in diesen außergewöhnlichen Zeiten nicht nur Home Office und Homeschooling. Mit ihrer Unterstützung – und ein wenig Kreativität – sind auch beliebte Freizeitvergnügen kontaktlos umsetzbar. Wie wäre es zum Beispiel mit einer »Weinprobe Online«?

Clevere Winzerinnen und Winzer der Region bieten hierzu bereits das Komplettpaket an – incl. Lieferung an die Haustür und einem festen Termin im Internet oder einem beliebig abrufbaren You-Tube Clip. Wem dieser nur in eine Richtung stattfindende Kontakt (Für die Spezialisten: OWC – »One-way Communication«) zu wenig ist und sich mit Freunden direkt über die Weine in seinem Glas austauschen möchte, sei ein individuelles und virtuelles Meeting empfohlen: ein Home Tasting.

Planungsphase

Vorab: Ein privates Home Tasting macht großen Spaß, man sollte aber trotz gern gelebter Spontanität vorab jemanden im Freundeskreis aussuchen, der das Tasting etwas koordiniert. Er oder sie legt zunächst einen Abendtermin fest und fragt dann im Freundeskreis herum, wer Lust und Zeit hat. (Die umgekehrte Reihenfolge kann zu nervenden Terminsuchen ausarten.) Ideal sind etwa 6 teilnehmende Paare. Bei einer größeren Zahl steigt die Anforderung an die »Chat-Disziplin« – spätestens nach der vierten Runde. Der Koordinator sollte die Art der Probe (horizontal/vertikal/weiß/ rot…) und die Internet-Konferenzplattform festlegen. Hier gibt es verschiedene Anbieter die man meist schon vom Home Office her kennt. Aber Achtung: Bei den Gratisanbietern gibt es meist nur ein zeitlich begrenztes Szenario – hier muss man sich gegebenenfalls zwischendurch neu einwählen. Die entsprechenden Links und Passwörter sollten rechtzeitig verteilt werden.

Nun zum Wein: Man besorgt sich am besten einheitliche kleine Flaschen (0,25 Liter, Schraubverschluss) und füllt in sie den Wein um. (Vorher besser noch einmal heiß spülen und abkühlen lassen). Besonders Kreative bekleben die Flaschen dann noch mit einem selbst entworfenen Etikett, das über den Inhalt der Flasche zunächst einmal nichts aussagen sollte. Spätestens am Vorabend sollte man dann die Flaschen verteilen. Es versteht sich von selbst, dass gerade in dieser Phase alle vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen und -abstände unbedingt eingehalten werden müssen!

Der Abend

Am festgelegten Termin sollte jeder aus der Runde die gleiche Menge Flaschen – mit den gleichen Inhalten – griffbereit am Laptop oder PC bzw. im nahen Kühlschrank stehen haben. (Bitte das Wasser und gegebenenfalls die Käsewürfel nicht vergessen!) Der Koordinator der Runde hat (als einziger) schon vorab ein paar Informationen über die Weine, um eine sinnvolle Probier-Reihenfolge festlegen zu können.

Rechtzeitiges Einloggen ist sinnvoll, um sich selbst noch in Ruhe ins »optimale Bild« setzen zu können: Sitzt die Frisur? Ziehe ich nicht besser ein anderes Hemd an? Ist das Bild hinter mir an der Wand zu frivol? Wieso hört und/oder sieht mich keiner?

Dann geht es los: Es wird probiert, geschlürft, berochen, kommentiert, nachgeschenkt und geraten. Knif­felig wird es, wenn die Spe­zialisten eher »untypische« Weine in die Runde gestellt haben: Da schmeckt dem einen der Weißburgunder von Kruger-Rumpf aber »sehr französisch«, dem Primitivo wird vorsichtig eine Nähe zu Zinfandel unterstellt, bis: »Was? Das ist die gleiche Rebsorte? Also ich hätte schwören können……« und dass der Lemberger im Glas ein echter Rheinhesse ist (Weingut Volker Eckert – Geiershölle) sorgt auch für Verwunderung. Da war der von uns eingebrachte Sauvignon Blanc (Weingut Eppelmann) fast schon zu typisch, um die Spezialisten ins Schwitzen zu bringen. Und unser Historiker überlegt immer noch, wieso Südafrika von den Vinologen zur »Neuen Welt« gerechnet wird, ob wohl es doch eigentlich… .

Übrigens

Sollte einer ihrer Mitstreiter im Laufe des immer fröhlicher werdenden Abends plötzlich langsam aus dem Bild nach unten rutschen muss das nicht unbedingt an den »Umdrehungen« der getesteten Rebsäfte liegen. Wahrscheinlich kippt nur der Bildschirm vom Laptop ein wenig ab.

Unser Fazit: Home Tasting ist die zweitbeste Möglichkeit Wein in lockerer Runde zu genießen – und in Zeiten von Corona konkurrenzlos. Außerdem: Über den Weg nach Hause muss man sich dabei auch keine Gedanken machen.

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