Im »Templer« in der Holzstraße wissen die Köche bisweilen nicht, was auf der Speisekarte steht. Die sehr freundliche, bemühte Bedienung kann da nicht alles wettmachen.

Als wir den in diesem Jahr völlig neu gestalteten Gastraum betreten, macht sich bei uns zwar nicht Begeisterung breit, aber ganz hübsch ist das Etablissement ja geworden. Am Entrée geht man zunächst auf eine große, moderne, gut ausgeleuchtete Theke zu, bis man merkt, dass man nach links schwenken muss, um zu den Tischen zu gelangen. Im ebenerdigen Bereich dominieren beim Mobiliar dunkle Farben, auf dem begehbaren Podest eher helle. Unten besteht auch die Möglichkeit, an erhöhten, bistroähnlichen Tischen Platz zu nehmen. Ein mächtiger dunkelbrauner Deckenbalken und eine lange, hohe Natursteinwand prägen das Ambiente, zu dem ebenso große Lampenbirnen mit gedrehten Glühfäden und Butzenscheiben gehören. Der Stilmix ist beachtlich. Im 12. Jahrhundert errichtet, diente der hiesige Gutshof dem Templerorden fürderhin als Komturei.

Lange Wartezeit

Die heutige Gasthauswirklichkeit ist eher ernüchternd. Es beginnt damit, dass wir gut eine Dreiviertelstunde auf die Vorspeisen warten. Mister X nimmt die Kartoffel-Trüffel-Suppe mit gebratener Blutwurst zu 7 Euro, die er dafür lobt, dass sie »sämig und von gutem Geschmack ist«, mit Trüffelöl zubereitet wurde und der Wurst, die leicht angebraten ist, die Chance gibt, einen eigenen deutlichen Charakter zu entwickeln. Es wird an diesem Abend sein erstes und letztes Lob sein.

Mit Musik geht vieles besser

Unsere charmante Begleitung wählt das Handkäs-Tatar (5,90 Euro), das sie als geschmeidig, aber geschmacksneutral wahrnimmt. »Eine ordentliche Musik wäre hilfreich«, kommentiert sie und bekommt auf Nachfrage immerhin Essig gereicht. Das Brot von Vetter, das beiliegt, setzt einen recht positiven Akzent. Mein Leberwurststrudel auf gebratenem Spitzkohl und Jus (10,50 Euro) ist sehr ordentlich dimensioniert, die dünne Kruste knackt regelrecht. Die Fülle jedoch schmeckt merkwürdig säuerlich.

Das Auftragen der Hauptspeisen geht nun zügiger vonstatten. X arbeitet sich an seinem Zanderfilet auf Risotto mit Rieslingschaum-Sauce (16,90 Euro) ab. »Ich habe noch nie einen derart trockenen Fisch vorgesetzt bekommen«, ärgert er sich und lässt den größten Teil des Wassertieres auf dem Teller liegen.

Die Dame an unserem Tisch widmet sich dem Kürbisrisotto mit gebratenen Pilzen (13,90 Euro). Was fehlt, sind allerdings die in Aussicht gestellten Pilze, die nach Reklamation inklusive Zwiebelchen nachgeliefert werden. »Noch etwas Salz und Pfeffer auf die Speise«, tönt es von gegenüber mit leicht ironischem Tonfall, »und schon bekommt das Ganze ein wenig Gesicht.«

Schnitzel mit fast klassischer Garnitur

Derweil steht das »Wienerschnitzel v. Kalb, in Fassbutter gebraten« (18,50 Euro) vor mir. Darunter ruht ein Hügel lauwarmen Kartoffelsalats, wie auf der Karte versprochen. Von den avisierten Preiselbeeren und der angekündigten frittierten Petersilie ist aber weit und breit nichts zu sehen. Immerhin liegt auf dem Schnitzel mit Zitronenscheibe und kleinen Kapern die fast vollständige klassische Garnitur. Die Panade ist mäßig, das Fleisch dafür geschmacklich gut. Der Kartoffelsalat in Mayonnaise mit winzig geschnittenen Gürkchen geht in Ordnung – die anschließende Rechnung mit weit über 100 Euro für uns allerdings nicht.

| LOU KULL

ESSEN6,0
TRINKEN6,5
SERVICE7,5
AMBIENTE7,0
PREIS/LEISTUNG6,0
GESAMT33 : 5 = 6,6 KAPPEN

FAZIT

Der »Templer« hat uns enttäuscht. Leid tat uns die ausgesprochen freundliche und bemühte Bedienung, die sich an diesem Abend für die gebotene Küchenleistung des öfteren entschuldigen musste. Es darf einfach nicht passieren, dass Bestandteile von Speisen, die auf der Karte stehen, von der Küche schlichtweg »vergessen« werden. Vielleicht wäre da eine zahlenmäßige Reduzierung des Angebots hilfreich. Der Zander für Mister X war – ohne Umschweife – eine Zumutung. Wenn man das Dargebotene in Vergleich zu den Preisen setzt, entsteht eine deutliche Schieflage. Die Weinauswahl – zumal in einem Weinhaus – könnte trotz einiger klangvoller rheinhessischer Namen noch optimiert werden. Wir probierten unter anderem einen mäßigen Sekt (4,80 Euro für 0,1), einen in jeder Hinsicht blassen Riesling (7,50 Euro für 0,2) und einen exzellenten Guntersblumer Himmelthal-Riesling vom Weingut Domhof, für den jedoch auch 7,50 Euro zu zahlen sind. Das Ambiente des vollkommen neu gestalteten Restaurants wird auf der betriebseigenen Internetseite hoch gelobt. Wir meinen, dass der Raum einiges mehr an Pfiff vertragen hätte. Etwas mehr Sorgfalt täte der Rechtschreibung auf der Speisekarte gut, »Crème brüllée« etwa ist kein orthografisches Ruhmesblatt.

Templer
Weinhaus/Restaurant
Holzstraße 10
55116 Mainz
Tel. 0 61 31 / 275 11 15
info@templer-mainz.de
www.templer-mainz.de
Öffnungszeiten:
Di bis So 17 bis 24 Uhr
Mo Ruhetag