Liebe auf den ersten Blick war das nicht. Eher ein Flirt, aus dem eine schüchterne Freundschaft wurde, die sich in eine fundierte Beziehung  weiterentwickelt hat. Gemeint ist das Verhältnis von Marc Bockholt zur Mainzer Fastnacht.

Ganz allmählich hat er sich der Mainzer Fastnacht genähert – für einen nicht in Fastnachtshochburgen sozialisierten Menschen kann so ein Rosenmontagszug schon ein Kulturschock sein. Marc Bockholt schaute dem Treiben erst einmal von oben, von einer Dachterrasse herab zu, stellt dabei fest, das macht Laune und knüpfte erste Kontakte in die Mainzer Fastnachtsszene. In die traditionelle wohlgemerkt, also zu den Vereinen und Garden. Das »Who is Who« der Mainzer Fastnacht ist ihm geläufig – es gibt keine Berührungsängste. Keine? Naja ein paar Traditionalisten kommen mit Männern in rosafarbenen Paillettenjacken nicht so gut klar.

Marc Bockholt ist in Hamburg geboren und im Laufe seines Lebens Stück für Stück Richtung Süden (um)gezogen. Die Berufstätigkeit der Eltern hat das so mit sich gebracht. 1997 ist der heute 46-Jährige ausgestiegen aus der Umzieherei: er kam in Mainz an, um zu studieren und er blieb. Fast 20 Jahre ist das her. Bislang plagt ihn nicht der Gedanke, hier weggehen zu müssen – obwohl er gerne in anderen Städten unterwegs ist, auch im europäischen Ausland, am liebsten, um dort Freunde zu besuchen. Freunde, Menschen überhaupt: Marc Bockholt liebt die Kommunikation. Wie gut, dass er als Selbständiger in seiner Agentur damit seinen Lebensunterhalt verdienen kann.

Auftakt für den Sprung ins aktive Mainzer Fastnachtsgeschehen (ohne zu wissen, dass es der Auftakt wird) war der Prinzessinnenball. »Wir wollten etwas schwul-lesbisches machen, zusätzlich zur Sommerschwüle eine Veranstaltung im Winter, da kam Stefan Schwabe die Idee mit diesem Verhohnepipeln der klassischen Miss-Wahlen in den USA als Prinzessinnenwahl, bei der jede und jeder antreten kann.« Das war 2006. Während der KUZ-Renovierung musste der Prinzessinnenball pausieren. Am 19. Januar 2019 erobert sich die queere Szene mit der elften Auflage das KUZ zurück. Zurück kommt auch Stefan Schwabe, jedenfalls um wie gewohnt das Ballgeschehen zu moderieren.

Tradition mit anderen Akzenten

Marc Bockholt organisiert gerne und schon lange. In der Schule als Klassen- und Schulsprecher die Schulfeten, beim Jugend-Rot-Kreuz das eine und das andere, die Sommerschwüle im KUZ, er steckt hinter der Orga des Prinzessinnenballs und als Präsident der »Rosa Käppscher« organisiert er die Sitzungen des Fastnachtsvereins – mit. Mit: das ist ihm wichtig. Ohne die tatkräftige Unterstützung all der Mitstreiter/-innen, Homos wie Heteros, gäbe es in Mainz keine rosa Fastnachtssitzungen – die allerdings aus Mangel an geeigneten Mainzer Veranstaltungsräumen in Ginsheim stattfinden (beide Sitzungen 2019 sind schon lange ausverkauft).

Fastnachtsgerecht wurden die »Rosa Käppscher« am 11.11. aus der Taufe gehoben, 2013 war das. In der 2014er Kampagne organisierten die Männer und Frauen die erste »Rosa Sitzung« – die mit 200 Gästen direkt ausverkauft war! Zweimal 400 Gäste genießen mittlerweile das Spektakel mit der üppigen Dekoration, feiern Büttenredner wie Gesangsdarbietungen ausgelassen und fröhlich. »Unsere Sitzungen orientieren sich an den Traditionen der Mainzer Fastnacht, aber wir streuen hie und da andere Akzente ein«, so Bockholt. Mal steht eine Zaubershow mit einer Dragqueen auf dem Programm, mal zwei Burlesque-Tänzerinnen oder ein klassischer Gardetanz – dargeboten von den Pink Tigers aus Frankfurt sicher ein besonderer Augenschmaus.

Und sonst? Sport – das sei nicht sein Thema, wobei Marc Bockholt als Alltagsradler viel mit dem Zweirad unterwegs ist. Kochen mit dem Freund, Lesen – ja das auch, aber am liebsten macht er etwas mit anderen zusammen. Kommunizieren eben oder babbeln, auf meenzerisch.

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