»Wir lachen auch oft, trotz des Schmerzes«, sagt die Trauerbegleiterin Tatjana Ohlig. Sie unterstützt Eltern, die ein Kind verloren haben und Kinder nach dem Tod von nahen Angehörigen.

Trauer – Trauern: ein Thema, das glücklicherweise allmählich wieder Platz findet in unserem Alltag. Der Verein »Trauernde Eltern & Kinder Rhein-Main e.V.« leistet mit seiner Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen dazu einen Beitrag. Trauerbegleiterinnen bieten im Auftrag des Vereins ganz konkrete Unterstützung an.

»Trauernde sind nach einem schweren Verlust beschädigt, sie sind ohnmächtig – das passt nicht in die Zeit«, sagt Tatjana Ohlig. Unsere Gesellschaft habe sich so entwickelt, dass Schwächen nicht toleriert würden. »Trauernde erkennen sich selbst oft nicht wieder, sie müssen sich selbst neu kennenlernen, das kann lange dauern und stößt oft auf Unverständnis.«
Tatjana Ohlig begleitet Trauernde seit elf Jahren für den Verein, seit neun Jahren bietet sie Trauer- und Traumatherapie auch in ihrer Praxis in Wiesbaden an. Ursprünglich arbeitete die Diplom-Psychologin in der Wissenschaft. Eine schwere Verlusterfahrung veränderte ihr Leben. Durch Weiterbildungen qualifizierte sich die 53-Jährige in Trauer- und Traumatherapie und als Trauerbegleiterin.

Das Miteinander ist oft schwer

Im Verein »Trauernde Eltern & Kinder Rhein-Main e.V.« arbeitet sie als Trauerbegleiterin auf Honorarbasis. Das reduzierte Honorar wird meist nicht von den Klienten selbst aufgebracht, sondern durch die Spenden an den Verein finanziert.

»Wenn Erwachsene um ein Kind trauern, waten sie lange durch seichtes Wasser, während trauernde Kinder von Pfütze zu Pfütze hüpfen: das macht das Miteinander von trauernden Eltern und trauernden Kindern oft so schwer«, weiß die Trauerbegleiterin. Kinder könnten gar nicht kontinuierlich trauern, sie trauerten auf Raten, Eltern dagegen trauerten hin zu mehr Stabilität.

Am liebsten am Rhein

»Menschen, die mich außerhalb meiner Arbeit kennenlernen, können oft gar nicht glauben, dass Trauer mein Berufsthema ist«, sagt Tatjana Ohlig. Häufig ist sie mit dem Camper unterwegs, überhaupt steht Reisen auf ihrer Lieblingsbeschäftigungs-Liste ganz oben. Gefolgt von Kochen und Bewegung an der frischen Luft. »Ich würde mich nicht als sportlich bezeichnen, aber ich bin gerne mit dem Fahrrad unterwegs oder gehe walken, am liebsten am Rhein.« Geboren ist Tatjana Ohlig im Rheingau und wohnt nach einigen Jahren in Heidelberg und in Rheinhessen wieder dort.

Die Trauerbegleiterin erklärt ihre Arbeit häufig in Bildern, sie ist sich der unterschiedlichen Bedeutungen von Worten sehr bewusst und setzt sie entsprechend ein: Einen Verlust hinnehmen, zum Beispiel. Das Verb annehmen vermeidet sie in diesem Kontext und verdeutlicht die Unterschiede der beiden Begriffe mit Blick auf einen Trauerprozess. »Wenn ein Kind stirbt, meinen Eltern, die Welt bleibt stehen, sie haben keine Zukunft mehr, das Leben, das sie hatten ist vorbei – das müssen sie hinnehmen«, erklärt Tatjana Ohlig.

Sie verbringt fast jeden Tag viele Stunden mit Menschen, die trauern, die leiden, die vielleicht nicht weiterleben wollen: »Ich habe vor den Emotionen keine Angst, in unseren gemeinsamen Stunden kann alles erzählt werden.« Angst hat Tatjana Ohlig auch nicht vor weinenden Menschen, sie kann damit umgehen, kennt die Techniken, um sich in solchen Prozessen selbst zu stabilisieren. Trotz der Trauer werde in diesen Therapien auch viel gelacht und jede einzelne Begegnung mit den Menschen gebe ihr sehr viel. »Es passiert, dass ich kurzzeitig selbst traurig werde, aber ich bin im Umgang mit den Klienten sicher, ich kann auf meine Erfahrungen, mein Wissen, mein erlerntes Instrumentarium zurückgreifen.« So gelingt es ihr auch, die Trauer nicht als Belastung mit nach Hause zu nehmen. »Ich denke häufig an meine Klienten – mir fällt dann ein, was sie alles schon geschafft haben, wie weit sie gekommen sind und was sie erreicht haben.«

| SoS

Informationen: www.eltern-kinder-trauer.de