Die Großbaustelle Große Langgasse bringt viel Ungemach mit sich. Im September wurde der »Inselplatz« eingeweiht, aber die Bauarbeiten bis zur Emmeransstraße sind auch Mitte Oktober noch nicht abgeschlossen. Wie gehen die »Betroffenen« damit um?

Einzelhändler stehen vor dem Bankrott, die Parken in Mainz muss Verluste hinnehmen, die Baufirma bestimmt selbst, wann sie wie viele Arbeiter in der Baustelle einsetzt. Die Gerüchteküche brodelt. Was stimmt? Was ist übertrieben oder gar erfunden? DER MAINZER hat einige der direkt Betroffenen und die Verantwortlichen gefragt.

Herr Bauer, Inhaber der »Souperie«
 »Wir müssen Einbußen bis zu 70 % hinnehmen«, so Daniel Bauer. Zum Glück sei er schon seit 2001 an diesem Standort, könne auf eine solide Stammkundschaft bauen, die nun, nach Abschluss der Bauzeit vor seiner Tür wieder zu ihm zurückkehren würde. Bauer rechnet auch damit, dass der nächste Sommer super werde, denn dann habe er Außengastronomie an einem sehr schönen Platz anzubieten. »Was ich nicht verstehe«, blickt Bauer auf die acht Monate Bauzeit um die Souperie herum zurück, »ist, warum im Mai nur sehr wenige Arbeiter zugange waren und dann auf einmal sehr viele Arbeiter an verschiedenen Stellen gleichzeitig arbeiten mussten. Deshalb war die Zuwegung nur noch von einer Seite, über die Gymnasiumstraße möglich. Ich habe Kunden beobachtet, die einfach nicht wussten, wie sie durch die Baustelle kommen könnten und erfolglos umgekehrt sind – das war schlimm.« Zum Glück, sagt Bauer, habe er einen verständnisvollen Vermieter, der ihm mit den Mietzahlungen entgegengekommen sei und die Stadt habe sich bereit erklärt für 2018 und 2019 auf die Beiträge für die Außengastronomie zu verzichten. Daniel Bauer würdigt auch die Bemühungen von Stadt und Citymanager – macht aber klar, dass die Geschäftsinhaber Maßnahmen, wie das Inselplatzfest selbst bezahlen mussten. »Wir müssen ja auch die Einnahmenverluste irgendwie selbst verkraften und ich meine, wenn von Anfang an mehr Arbeiter auf der Baustelle gewesen wären, hätte der erste Bauabschnitt auch fristgerecht bis Ende August abgeschlossen werden können.«
Simone Wendel, Gebietsverantwortliche für die Mainzer Alnatura-Märkte
»Die anhaltenden Bauarbeiten stellen natürlich auch den Alnatura Markt in der Großen Langgasse vor Herausforderungen. Kundinnen und Kunden fällt es etwas schwerer, uns zu erreichen, und auch die Anlieferung gestaltet sich nicht so leicht. Wir freuen uns aber, dass unsere Kundinnen und Kunden den Weg über Stock und Stein weiterhin zu uns finden.«
Stefan Kremer, Inhaber von »Blumen Kremer«
»Der lange Zeitraum macht es für uns so schwierig, weil Kunden weg bleiben und ob die, wenn alle Behinderungen beseitigt sind, wiederkommen, bleibt abzuwarten. Wir verkaufen überwiegend frische Ware, Blumen, die können wir nicht lange lagern, das macht die Kalkulation schwierig. Zum Glück haben wir auch Kunden, die sind ›leidensfähig‹, die kommen trotz der Unannehmlichkeiten weiter zu uns – die Zugänge zum Geschäft sind ja immer wieder anders, die Kunden müssen sich immer wieder neu orientieren, um zur Eingangstür zu gelangen.« Blumen Kremer bietet während der Baustellenzeit für die Kundschaft einen Lieferservice an, den der Händler zu 90% selbst finanziert. Die bisherigen Verluste, sagt Kremer seien hoch und: »Ein zweites Jahr schaffe ich so nicht mehr.«

Die Kommunikation mit dem Baustellenkoordinator bezeichnet Kremer als gut, allerdings sei der ja auch nicht ständig vor Ort und wenn die Anordnung, die Gitter zu entfernen nicht befolgt werde, dann könne er kurzfristig auch nicht helfen. Stefan Kremer meint, die Verkehrsführung müsse viel offensiver kommuniziert werden: »Z.B. aktuell die Sperrung der Kleinen Langgasse, wenn die Leute das übersehen und fahren daran vorbei, müssen sie den ganzen großen Bogen fahren: Wer macht denn das?«

Da die Baustellensituation auch nach der Fertigstellung des Inselplatzes noch nicht beendet ist, hat Stefan Kremer entschieden seine große Adventsaktion am 17./18.11.18 nicht im Geschäft sondern im Restaurant Kupferbergterrasse durchzuführen.

Claus Dechange, Geschäftsführer von »Optik Grimmer«
»Wir haben uns auf die Baustellensituation eingestellt, in dem wir z.B. unsere Einkäufe angepasst haben. Wir wussten, es wird weniger Laufkundschaft geben, also haben wir weniger Waren eingekauft, die in erster Linie für die Laufkundschaft interessant sind.«

Außerdem hat der Optikermeister einen guten Kontakt mit seinen Kunden: »Sie kommen gezielt zu uns und wir können sie persönlich z.B. über unsere Baustellen-Rabattaktionen informieren.« Einbußen habe er bislang noch keine hinnehmen müssen. Allerdings, räumt er ein, ist auf seiner Straßenseite auch noch nicht viel passiert. Das wird sich im kommenden Jahr, wenn ab März diese Seite der Großen Langgasse erneuert wird, ändern. Wobei, Claus Dechange baut auf die gute Kommunikation mit allen Beteiligten: »Mit den Baustellenleitern der Stadt und Mainzer Netze funktioniert das gut, wir reden einfach miteinander und dann findet sich eine Lösung.«

Herr Lumb, Inhaber der »Metzgerei Lumb«
Herr Lumb, Sie haben ihre zweite Filiale der Metzgerei Lumb in der Großen Langgasse eröffnet, wohl wissend, dass diese Straße noch bis mindestens 2020 eine Großbaustelle ist. Mit dieser Aussicht eine Filiale zu eröffnen ist mutig – oder?
Patrick Lumb: »Die Entscheidung für den Standort fiel aufgrund der Räumlichkeiten: die haben uns sehr zugesagt. Natürlich haben wir zuvor mit den umliegenden Geschäftsinhabern gesprochen und wir wissen, dass es schwierig ist, und auch nach der Fertigstellung des Inselplatzes noch bleibt – aber wenn die Straße dann fertig ist, ist sie sehr attraktiv und wir profitieren davon. Bis dahin wird es nicht einfach sein, zumal ab März 2019 die andere Seite der Großen Langgasse gemacht wird, also direkt vor dem Geschäftseingang – da müssen wir eben durch.«

Zurzeit aber, so Patrick Lumb, sei es zu Fuß nicht schwierig in die Metzgerei zu gelangen. Das Angebot, insbesondere der täglich wechselnde Mittagstisch, müsse sich noch mehr herumsprechen, aber »unter den gegenwärtigen Bedingungen sind wir mit der Kundenfrequenz zufrieden.«

Martin Dörnemann, Geschäftsführer der PMG
Die Parkhäuser »Kronberger Hof« und »Theater« sind angeblich seit Monaten leer – Muss die Parken in Mainz GmbH (PMG) Verluste hinnehmen? Laut Martin Dörnemann, Geschäftsführer der PMG, ist die Auslastung der Parkhäuser Kronberger Hof und Theater seit Beginn der Bauarbeiten zurückgegangen, den Einnahmerückgang beziffert er in beiden Parkhäusern mit ca. 20 %. »Auf das Gesamtergebnis der PMG hat der Rückgang keine relevanten Auswirkungen, da die Einnahmen durch ein erhöhtes Parkaufkommen in den benachbarten Parkhäusern entsprechend gestiegen sind und auf diese Weise die Verluste wieder ausgeglichen werden. Der Verlagerungseffekt werde sicherlich bis zum Ende der Bauarbeiten anhalten, in der Gesamtbetrachtung rechne die PMG aber mit keinem nennenswerten Einnahmerückgang, so Dörnemann.

| SoS

Weiteres zum Thema Baustelle Große Langgasse:
www.dermainzer.net/2018/10/zwei-monate-in-verzug