Ein »geborener« Gärtner ist Karlheinz Endres nicht. Aber einen »grünen Daumen«, den hat er. Kein Wunder. Seit 14 Jahren bepflanzt und hegt er mit anderen zusammen den Naturschaugarten Lindenmühle.

Es war Zufall. Oder auch nicht. In den 1990er Jahren suchte Karlheinz Endres nach einem Ausgleich für seinen anstrengenden Drei-Schicht-Dienst als Fachkrankenpfleger in der Intensiv-Medizin der Mainzer Uniklinik. Er wollte sich ehrenamtlich betätigen und dabei umschalten – nicht abschalten. 1997 war die Zeit, in der sich in Mainz die Lokale Agenda 21 mit verschiedenen Arbeitskreisen etablierte. Karlheinz Endres wandte sich dem AK »Naturnahes Grün« zu. »Wir waren ein Dutzend Frauen und Männer und wollten ein öffentlich zugängliches Gelände naturnah grün gestalten – aber niemand war gelernter Gärtner, was sich als großer Vorteil herausstellte«, erinnert sich Endres. Die Gruppe dachte über einen »Naturgarten« nach und machte sich kundig. Vieles haben sie sich angelesen, ihr Wissen untereinander ausgetauscht. Bei der Stadt Mainz stieß das Vorhaben auf offene Ohren, sie stellte eine Fläche nahe der Straßenbahnhaltestelle Lindenmühle in Bretzenheim zur Verfügung.

Die AK-Mitglieder vermieden bei der Gestaltung alles, was noch in den 90er Jahren im Gartenbau Usus war: Im Naturschaugarten gibt es keine eckigen Wege, es wird nicht gedüngt, nicht bewässert und nicht gespritzt, der Rückschnitt von Stauden und Gehölzen ist begrenzt. Das Wichtigste aber aus Sicht von Karlheinz Endres ist die Anpflanzung von ausschließlich einheimischen Arten. »Dazu mussten wir als erstes die Exoten auf der Wiese, hauptsächlich die kanadische Goldrute beseitigen.« Die Pflanze sei zwar schön anzuschauen, verdränge aber alles andere. Unterstützung fanden diese Maßnahmen durch das Versickerungskonzept, das die Stadt Mainz umsetzte. Es bildete die Grund-Modulierung des Gartens, die obere, mit den Wurzeln der Goldrute verwucherte Erdschicht wurde vollständig abgetragen, damit heimisches Saatgut und Gewächse gedeihen können. »Wir wollten möglichst viele Lebensräume schaffen, das Konzept berücksichtigt außerdem, welche Pflanzen zusammen passen.« Auch bei den Baumaterialien griffen die Naturgärtner-/innen auf Einheimisches zurück: die Bruchsteine für den Lebensraum von Eidechsen und Wildbienen stammen aus einem alten Bauernhaus in Flomborn, der Schiefer für den Bachlauf aus Rheinböllen.

Natur für alle Sinne

Das war 1994. »Wir haben dann in den Folgejahren Stück für Stück, immer entsprechend der über Spenden und Sponsoren zur Verfügung gestellten Gelder den Garten so gestaltet, wie er sich heute zeigt: ein Naturgarten, in dem es viel zu sehen, zu hören, zu schmecken, zu riechen und zu fühlen gibt.« Natur mit allen Sinnen erleben ist das Fundament – und spiegelt die Haltung von Karlheinz Endres wider. Zeit in der Natur verbringen, sich auf sie einlassen und natürliches Wachsen unterstützen. Dazu braucht es Interesse, Verständnis und die Bereitschaft, selbst Hand anzulegen. »Die Fläche aller Gärten in Deutschland übersteigt die Fläche aller Naturschutzgebiete«, nennt Endres ein Beispiel. Würden alle Gärten naturnah begrünt, entstünden nahezu automatisch die natürlichen Korridore, die so viele heimische Tier- und Pflanzenarten zum (Über-)Leben brauchten.

Der Naturschaugarten spielt in der Freizeit von Karlheinz Endres eine große Rolle – zeitlich, wie inhaltlich. Dem 62-Jährigen ist das Erleben in der Natur ein Anliegen. Dieses »Umschalten«, das für ihn Entspannung und Anregung darstellt, gelingt Karlheinz Endres auch beim Wandern und Radfahren – wenn er »Flüsse sammelt« zum Beispiel. Heißt, mit dem Fahrrad entlang der großen und kleinen deutschen Flüsse die Natur genießen.

| SoS

Am 10.6.18, ab 14 Uhr findet im Naturschaugarten Lindenmühle das »Blütenfest« statt. www.mainz-naturnah.de