Die Entscheidung zum Bibelturm ist gefallen. Das übliche nachfolgende Kapitel »Schuldzuweisung« ist noch in vollem Gange, wird sich aber auch in Kürze legen (um nächstes Jahr zu den Kommunalwahlen wiederaufzuleben). Den vielleicht spannendsten Teil rund um das Thema haben wir noch vor uns: wie sieht die Alternative aus, welche Entwicklung nimmt das Gutenberg-Museum? Diese Fragen müssen nun wieder die Vertreterinnen und Vertreter der repräsentativen Demokratie gestalten, das Volk hatte den leichteren Part, es brauchte sich darüber keine Gedanken zu machen.

Verbreitete Ratlosigkeit

Das wird ein sehr spannender Prozess. Wer sich auf den Rathausfluren umhört, vernimmt verbreitete Ratlosigkeit. Es ist auch nicht ganz einfach. Schauen wir einmal zurück: im letzten Jahr wurde der Bibelturm von einer, für Mainzer Verhältnisse, ungewöhnlich breiten Mehrheit getragen. CDU, SPD, FDP und Grüne waren sich ausnahmsweise einig. In einem Jahr sind jedoch Kommunalwahlen, die parteistrategische Frage lautet, wie kann man aus der Niederlage noch einen Sieg machen?

Die Strategie der CDU wurde in den letzten Tagen deutlich:
1. Deutliche Schuldzuweisung in Richtung Oberbürgermeister Ebling (SPD), 2. Aufforderung an die Verwaltung ein neues Konzept möglichst zeitnah vorzulegen (was die natürlich nicht kann und schon hat man ein Wahlkampfthema) und 3. deutlich machen, dass die CDU eigentlich immer dagegen war (man hört, die Parteivorsitzende Frau Flegel habe vor der Abstimmung zum Bibelturm den Saal verlassen und erst zum nächsten Tagesordnung wieder betreten – aha -).

Die SPD leckt betreten ihre Wunden. Einerseits sind die Bibelturm-Befürworter sauer auf den OB, dass dieser den Bürgerentscheid zugelassen hat und andererseits hat die SPD die Kulturdezernentin in den eigenen Reihen, die durchaus engagiert aber erfolglos für den Ratsbeschluss gekämpft hat und nun die Welt nicht mehr versteht. Die SPD wird versuchen einen Plan B in den Rat einzubringen, es ist ihr mit dem erfahrenen OB an der Spitze zuzutrauen, nur so gewinnt sie verlorenes Vertrauen zurück.

Die Grünen tun sich schwer mit dem Thema Bürgerentscheid. Sie sind es immerhin, die in der Landesregierung alle Themen, die nur im Entferntesten etwas mit Bürgerbeteiligung zu tun haben, für sich reklamieren. Ihre Strategie wird es sein, noch mehr Beteiligung einzufordern – das kommt immer gut, jetzt erst recht.

Die FDP wird fordern, dass die zukünftige Leiterin des Museums aus der FDP kommt (sorry, das ist jetzt Satire und gehört hier nicht hin).

Verlieren tut weh

Also, Demokratie ist anstrengend – die richtige Strategie wäre es aus meiner Sicht, wenn CDU, SPD, FDP und Grüne noch einmal einen Versuch wagen zu einer einhelligen Entscheidung zu kommen. Verlieren tut weh, die Gefahr noch einmal zu verlieren ist da, ist aber verkraftbar – fragt mal den 1.FSV Mainz 05.

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