Dem Berufsstand der Journalisten wird gerne eine Nörgelmentalität nachgesagt. Egal um welches Thema es geht, den Redakteur/-innen in allen Medienbereichen, den Journalist/-innen und den Freien Mitarbeiter/-innen fällt immer etwas ein, um eine toll erscheinende Sache madig zu machen.

Hinterfragen, nennt sich dieses Prinzip des journalistischen Arbeitens. Es ist unsere Aufgabe, den »schönen Schein« unter die Lupe zu nehmen. Sie können mir glauben, das ist nicht immer angenehm. Diejenigen, die den »schönen Schein« verbreiten, Politik, Verwaltung, Unternehmen, Institutionen, Vereine sind selten begeistert, wenn nachgefragt wird. Diejenigen, die das Ergebnis konsumieren, in dem sie es lesen, hören oder sehen, sind oft der Ansicht, es sei nicht intensiv genug nachgefragt worden oder »in die falsche Richtung«, weil die Antworten nicht mit der jeweiligen persönlichen Meinung übereinstimmen. Diese Arbeit ist eine Gratwanderung.

Aber abseits von allem Nörgeln und Hinterfragen finde ich es persönlich, als Mainzerin in erster und als Journalistin in zweiter Linie total spannend, was sich in dieser Stadt alles tut. Erweiterung Gutenbergmuseum, Sanierung Rathaus, Abriss Hochbrücke, Umbau Große Langgasse, Fertigstellung Bahnhofsstraße, Umbau Mainzer Straße in Mombach, Fertigstellung Archäologisches Zentrum, Sanierung des Landtagsgebäudes, Parkhaus-Sanierungen, Kita- und Schulneubauten, Karstadt-Um-/Aus-/Neubau, Weiterbau im Zollhafen, Spatenstich im Heilig-Kreuz-Areal, der Klima-Masterplan, der partizipative Kulturentwicklungsprozess, Bau der Citybahn… Fast alle Projekte polarisieren. Sie zeigen aber auch, in dieser Stadt wird vieles bewegt. Allein die Anzahl der Kräne, die über den Mainzer Dächern thronen, ist beeindruckend.

Dass dem so ist, hängt auch mit Geld zusammen. Investitionskredite sind günstig zu haben. Außerdem ist die Verwaltung mittlerweile sehr fix, geht es um Gelder, die irgendwo abrufbereit herumliegen – Fördergelder für die Umgestaltung der Innenstadt zum Beispiel oder jüngst Fördergelder für die Verbesserung der Luftqualität in der Innenstadt.

Es gibt Menschen, denen die Projekte selbst suspekt sind, die deren Ausgestaltung schlecht finden, die während der Bauphasen mit Krach, Dreck und anderen Unannehmlichkeiten zurechtkommen müssen und wenn alles fertig ist, die Geldverschwendung anprangern. Und die Autofahrer/-innen sind sowieso immer arm dran. Auch diese Befindlichkeiten müssen ernst genommen und dargestellt werden. Dabei tritt hinter dem schönen Schein manch Unangenehmes zutage und hinter solchen »Nörgel-Artikeln« bleiben die schönen, aufmunternden Geschichten oft zurück. Das ist bedauerlich. Aber für die schöne heile Welt ist nun mal die Reklame zuständig.

| SoS