Es ist jetzt 15 Jahre her, mein Bruder hatte nach langem Warten einen Bauplatz in einem Neubaugebiet im Mainzer Speckgürtel erworben. Das war eine spannende Zeit. Da, wie immer in diesen Fällen, die Familie mit eingespannt wurde, wurde ich zur Betreuung der Bauarbeiter abgeordnet.

Dabei habe ich eine Solidarität unter den Bauherren erlebt, die mich schwer beeindruckt hat. Irgendwie kamen sich alle vor, wie Pioniere im Wilden Westen, unbewaffnete, versteht sich. Da wurde sich geduzt, dass es einem fast schwindlig wurde, Handwerkeradressen ausgetauscht, Einkaufkonditionen verraten, Einblick in die privaten Räume gewährt und gemeinsame Grill-Wochenenden organisiert. Ein Jahr später waren alle Häuser fer­-tig – halt, nicht alle, ein unbebauter Platz war noch vorhanden.

Das Gemeinschaftsleben ging lustig weiter, der Acker zwischen den Häusern wurde kurzerhand vergesellschaftet. Der Mähschnitt musste nicht mühsam zum Wertstoffhof gebracht werden, er wurde dort sorgsam verteilt. Die Kinder bauten Erdlöcher, die Väter in Gemeinschaftsaktion den Kindern aus dem Bauholzresten eine wunderbare Hütte….

Natürlich fragte man sich hin- und wieder, warum das Grundstück nicht bebaut wird. Die Vermutung »bestimmt ist das Geld ausgegangen« wurde als nachvollziehbare Erklärung angenommen. Dann stand da plötzlich ein Bagger und wagte sich das Idyll zu stören. Der Bauherr war ab dem Zeitpunkt eine »arme Socke«. Die Nachbarn schauten die Bauakte ein, der Grenzabstand wurde nahezu jeden Tag nachgemessen, es gab Widersprüche gegen die Baugenehmigung usw.

Warum ich das erzähle? Ich verfolge mit großem Interesse die Entwicklung des Zollhafens. Da haben sich Eigentümer eines Neubaus nun bei der Zeitung beklagt, dass die weitere Entwicklung, sprich Bautätigkeit, sie in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt. Unfassbar, da kauft jemand eine Eigentumswohnung in einem der größten Entwicklungsprojekte in unserer Stadt und hat wohl irgendwie nicht mitbekommen, dass auch in den nächsten Jahren kräftig gebaut wird. Vielleicht sollte man den Beschwerdeführern mal sagen, dass ihre Nachbarn in der Neustadt ihren Bau 18 Monate lang ertragen mussten.

Pioniere haben es schwer….

| Mogunzius