König Saul hält Hof in einer Welt voll Prunk und Prestige. Gottgleich thront er über dem Geschehen. Krieg führen lässt er andere. So besiegt David den Riesen Goliath und Saul empfängt den Siegreichen huldvoll am Hof. Doch schnell verkehrt sich die Zuneigung des Königs in das Gegenteil. David widersetzt sich den Gepflogenheiten, die bei Hofe gelten. Und fasziniert nicht nur Sauls Kinder, sondern auch das ganze Volk. Am König nagt der Neid. Und seine Wut und sein Hass werden umso größer, je stärker Davids Einfluss wird.

Georg Friedrich Händels Saul ist eine faszinierende Figur. Unberechenbar, stetig schwankend in seinen Wutausbrüchen und Gunstbezeugungen. Und das in einem Oratorium! Händel war ein Musikdramatiker, der mit seinen Arien die Londoner zu Begeisterungsstürmen hinriss. Er war ein Meister darin, den Sängern »in die Kehle« zu schreiben und gleichzeitig Figuren zu zeichnen, die berührten und aufwühlten. Nun hatte er dieses Talent auch auf das Oratorium übertragen. Händel entwickelte in seinem Oratorium besonders in den ausdrucksstarken Chören eine Kraft, die die seiner Opern übertrifft. Andreas Spering, Spezialist für historische Aufführungspraxis, der in Mainz bereits »Fairy Queen« und »Médée« dirigierte, wird die musikalische Leitung übernehmen.

Lydia Steier zeigt in ihrer Inszenierung, die nach ihrer Premiere am Oldenburgischen Staatstheater 2012 für den Deutschen Theaterpreis Der Faust nominiert war, in großen Bildern die Wankelmütigkeit der Masse. An Sauls Königreich bröckelt – im wahrsten Sinne des Wortes – der Putz am Stuck der ornamentalen barocken Verzierungen. Denn David ist nicht nur der Befreier von fest gefügten Regeln und Traditionen, sondern erweist sich bald als ebenso diktatorischer Herrscher. Und so beginnt das Machtspiel von Neuem. Eine Zeitenwende mit ungewissem Ausgang. Allerdings nun ohne barocken Zauber.

»Saul« von Georg Friedrich Händel
Musikalische Leitung: Andreas Spering; Inszenierung: Lydia Steier
Premiere am 9. September im Großen Haus
Weitere Spieltermine: 14., 25. und 30.9. sowie 8. und 17.10.
www.staatstheater-mainz.com