»Don Pintxo« setzt im Kirschgarten ganz eigene Akzente. Die Speisen sind anders als beim Standard-Iberer, sodass man hier auf eine kleine kulinarische Entdeckungsreise gehen kann.

Das Haus hat Tradition. Generationen von einheimischen Mainzern und auswärtigen Studenten haben hier am Tresen oder auf den Stühlen und Bänken an urigen Holztischen gesessen. Früher hieß das Wirtshaus in dem alten Gebäude »Zum Kirschgarten«, später »Doctor Flotte«. Seit knapp einem Jahr trägt es den Namen »Don Pintxo«. Auch wer länger nicht mehr hier zu Gast war, fühlt sich sofort wieder heimisch. An der sogar tagsüber leicht schummerigen Atmosphäre, an der die mannshohe dunkle Holztäfelung zweifelsohne maßgeblich beteiligt ist, hat sich nichts geändert. Ob das Mobiliar überarbeitet wurde, vermögen wir nicht zu sagen, irgendwie wirkt es bekannt.
Allein die großen offenen Kupferlampen an der Decke, die ein wenig an kunstvoll aufgearbeitete Waschmachinentrommeln erinnern, scheinen neu zu sein. Wir fühlen uns wohl hier, ohne in Entzücken zu verfallen – auch wenn Mister X etwas von »galizischem Brauhaus-Stil« murmelt.
Die Servicekräfte erscheinen aufgeweckt, rundum freundlich und hilfsbereit bei der Auswahl uns wenig oder gar nicht bekannter Speisen. Womit wir direkt beim Thema sind. Auf der Karte stehen eine ganze Menge Pinxto-Variationen, die wir uns gerne erklären lassen. Pintxos sind kleine, feine Speisezu­bereitungen, die in der Regel auf Scheiben von Stangenweißbrot serviert werden und vor allem im Norden Spaniens gerne gegessen werden. Pintxo ist die baskische Schreibweise, auf Castellano heißt die Spezialität Pincho.

Köstliche Gerichtchen im Zweier- und Vierer-Pack

Diverse Meeresfrüchte, Hähnchen, Roastbeef vom Rind, Kroketten von iberischem Schinken, eingelegte Lammspieße, kleine Hamburger mit Zwiebeln und Senf oder Cordon bleu auf spanische Art gelangen bei »Don Pintxo« als kleine Kunstwerke auf die Teller, wobei zwei Stück des jeweiligen Arrangements zwischen 6,80 und 7,80 Euro kosten. Die Vierer-Portionen
liegen bei 12,50 respektive 14,50 Euro. Es gibt hier wirklich eine kleine Pintxo-Welt zu entdecken. Pintxo-probehalber nehmen wir einen Zweier mit einem kleinen Turm aus Manchego-Käse und Spritzern von feiner, hausgemachter Tomatenmarmelade. Dieses Gerichtchen entpuppt sich als Köstlichkeit und dürfte im Vierer-Pack zudem pappesatt machen.
Mister X widmet sich heute Abend den warmen Tapas und bestellt Chorizo al Jerez, also Scheiben pikanter Paprikawurst, die laut Karte in Sherry gebraten wurden (6,80 Euro). Zudem probiert er frittierte Kartoffelwürfel mit Safran (4,90 Euro), zu denen Mojo rojo, jene megascharfe kanarische Sauce gereicht wird. »Diese Speisen sind eher unspektakulär, aber offensichtlich mit guten Zutaten zubereitet und sehr schmackhaft«, kommentiert mein immerwährendes Gastronomie-Vis-à-vis.
Die Dame, die uns begleitet, nimmt – ebenfalls aus der Abteilung »Warme Tapas« – Pimientos de padron, will heißen: grüne, gegrillte baskische Minipaprikas mit grobem Meersalz, zu 5,90 Euro. Wir alle drei kosten, empfinden diese Vorspeise als ausgesprochen pikant und von ordentlicher Menge. Hübsch angerichtet präsentiert sich dann ihr Oktopus auf galizische Art (Pulpo a la gallega, 16,90 Euro). Auf einer rechteckigen Platte liegen feine Kartoffelscheiben und obenauf ebenso feine Scheiben von Tintenfischfleisch, das leicht mit Paprikapulver bestäubt ist. »Geschmacklich absolut überzeugend«, lautet das Urteil der Genießerin.
Den positiven Eindruck meiner Tischkollegen kann ich nur bestätigen. Das gilt sowohl für die frischen Champignons, gebraten in Knoblauch-Olivenöl (Champiñones al ajillo, 4,90 Euro), die schön saftig und aufgrund der kleinen Rosmarin-Stifte feinwürzig auf den Geschmacksknospen ankommen. Und der gemischte Salat der Saison mit knackigem Lollo bianco und Eisbergsalat sowie Hälften von Cocktail-Tomaten, Gurkenscheiben, grünen Oliven und roten Zwiebeln bietet einschließlich eines geschmeidig-würzigen Honig-Senf-Dressings die perfekte Grundlage für die gegrillten Garnelen, die in ihm in nicht geringer Zahl verteilt sind (11,90 Euro).
Dass wir auf Nachfrage mühelos koffeinfreien Espresso bekommen, rundet diesen genussvollen Abend im »Don Pintxo« auf angenehme Weise ab. | Lou Kull

Fazit:

Das »Don Pintxo« ist ein würdiger Nachfolger der Mainzer Gastronomie-Legenden im Kirschgarten. Es setzt ganz bewusst nordspanische Akzente – etwa auch bei den Nachspeisen mit der Crema catalana zu 3,90 Euro oder der Tarta Santiago, einem galizischen Mandelkuchen, für 4,90 Euro. Gleichwohl muss man hier nicht auf die Paella valenciana (16,90 Euro) oder Churrasco con patatas y chimmichurri (17,90 Euro) verzichten. Neben der Standard-Speisekarte gibt es Tagesempfehlungen, die der Gast beachten sollte. So hätten wir bei unserem Besuch auch Kabeljaufilet im Serrano-Mantel mit Spargel, bedeckt von Bärlauchpesto, sowie mit frischen Erdbeeren und grünem Pfeffer (17,90 Euro) wählen können. Das Weinangebot aus unterschiedlichen spanischen Anbaugebieten ist beachtlich. Die Mehrzahl der Kreszenzen ist sowohl im 0,1- und 0,2-Liter-Glas als auch in der Flasche erhältlich. Wir probierten einen Sauvignon blanc aus der Mancha (0,2 Liter für 5,20 Euro) sowie einen Verdejo aus dem Penedés zu 5,80 Euro, beide vom Jahrgang 2015, die uns als Solisten und Speisebegleiter überzeugten. Gerne hätten wir aufgrund der Qualität der Speisen eine höhere Bewertung abgegeben, was die Schlichtheit der Gerichte aber leider nicht zulässt.

ESSEN7,5
TRINKEN7,5
SERVICE8,0
AMBIENTE7,0
PREIS/LEISTUNG7,5
GESAMT37,5 : 5 = 7,5 KAPPEN

Don Pintxo
Kirschgarten 21
55116 Mainz
Tel. 0 61 31 / 250 46 00
info@don-pintxo.de
www.don-pintxo.de

Öffnungszeiten:
Mo bis Do 11.30 bis 23 Uhr
Fr und Sa 11.30 bis 1 Uhr
So 12 bis 23 Uhr; kein Ruhetag